Das MUSEUM NIENETWIL

Zurück zum Inhaltsverzeichnis CRN 4-2022-1 LINK


Am 2. Juli 2022 eröffnete im kleinen Ort Beromünster das Museum Nienetwil –Nan·peti.den·matu;ati·po·peti·den·ma:1 –, wie man so sagt.

Vor genau 120 Jahren, am 2. Juli 1902, beschriftete einer der Begründer der Nienetwiler Forschung, d’Aciel Arbogast, eine unscheinbare kleine Blechkiste wie folgt:
«Museum Nienetwil, Nummer 1, 2.7.1902». Darin lag ein Objekt, das er in einem Nienetwiler Winterlager ausgegraben hatte. Mit diesem Kistchen begründete er den Wunsch nach einem Museum für die Nienetwiler Forschung.

Es dauerte lange, bis sein Wunsch erfüllt wurde. Er und sein Compagnon Amot Nussquammer, ihre Söhne und Arbogasts Tochter Miribal Ciséan sowie viele andere Forschende hatten stets dafür gearbeitet, dass es nun – hundert Jahre später – so weit war.
Wir sind stolz und dankbar, und hätten wir Nienetwil nicht erfunden, wir müssten es gewiss tun!

Der Name MUSEUM ist wohlüberlegt gewählt. In der griechischen Antike, also zu jener Zeit, da der Begriff Kunst (gr. téchne [wohl abgeleitet von Alaju tek = erschaffen]) noch für die verschiedenen Künste, die Philosophie und die Wissenschaft stand, war ein «Museion» ein Tempel für die Musen, also ein Tempel für die Göttinnen der Kunst. Ursprünglich stammt der Begriff jedoch aus dem Alaju und erklärt den Zustand des Wissens um das Verbundensein von allem mit allem.
Unser Museum soll also als ein Ort verstanden werden, der verbindet: Kulturen, Kunst und Wissenschaft, Handwerk, Design und Wissen überhaupt. Und er soll uns der Utopie Nienetwil ebenso näherbringen wie der Nienetwiler Kultur.
Der erste der beiden Räume des MUSEUM NIENETWIL wurde von der Künstlerin Elionora Amstutz entworfen.
Simon Meyer ergänzte es dann mit den Artefakten der Nienetwiler Kultur, mit Audio- und Video-Stationen. Es ist also ein gemeinsames Kunstwerk, das die Hinterlassenschaften unserer Zivilisation zeigt und infrage stellt. Als Alternative zu unserer Kultur beleuchtet es die Geschichte der Skandaj, also jenem Volk der Nienetwiler Kultur, das wissenschaftlich zu erforschen wir uns vorgenommen haben.

Das Museum beherbergt zwei Räume von je ca. 20 m2.
Der erste Raum ist fast lichtlos. Die Wände und die Decke sind über und über mit den Hinterlassenschaften unserer «Zivilisation» bedeckt. Alles ist blau bemalt. Hier und dort sind darin Objekte der Nienetwiler Kultur – als einzige in diesem Raum nicht blau bemalt – ausgestellt. An Audio- und Videostationen sind Tonbeispiele der Sprache Alaju zu hören oder wird die Geschichte der Skandaj und der Nienetwiler Forschung erzählt.
Beim Eintritt in das Museum erhalten die Besuchenden eine kleine Taschenlampe, die nur spärliches Licht in den Raum bringt und nur jeweils kleine Abschnitte von dem, was man sehen will, beleuchtet. Dies natürlich als Anspielung auf unser Wissen insgesamt und die Geschichte im Speziellen: Beide offenbaren immer nur kleine Details und unser Gehirn ist zu beschränkt, um alle diese Puzzleteilchen im Kopf zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen.

Der zweite Raum ist für wechselnde Ausstellungen reserviert. Die erste Ausstellung darin ist die Installation von Simon Meyer mit dem Titel «Das Büro des Archäologen, der sich selber erfand». Man erreicht den Raum durch einen niedrigen Durchgang vom blauen Museumsraum aus. Hier wird das Spiel mit der Geschichte, von Fakten und Erfindungen auf eine neue Ebene gehoben: Während man auf der einen Seite des Büros Unterlagen dazu sieht, wie die Nienetwiler Kultur erfunden wird – also deren Sprache, Schrift, Biografien, Zahlensystem und Artefakte –, werden diese gleich auf der anderen Seite fundiert und systematisch wissenschaftlich erforscht. Da liegen Teile von Artefakten, die – aus einer archäologischen Grabung ins Museum gebracht – hier zusammengeklebt werden. Bücher mit der Aufschrift «Zwischen Francis Bacon und Thomas Hobbes – Eine weltanschauliche Interpretation der Naturphilosophie aus Sicht des Wolffianismus von Amot Nussquammer» oder «Nienetwil – Realität und Mythos» sowie ganze Reihen von Ordnern und Unterlagen lassen nicht den geringsten Zweifel daran, dass hier ernsthafte Nienetwiler Forschung betrieben wird. Und wären nicht im ganzen Raum kleine Zettelchen verteilt mit Aufschriften wie: «Glaubst du wirklich, dass irgendetwas hier real ist?», dann wäre das Leben gewiss einfacher, denn so, ja so müssen die Besuchenden sich der doch oft unbequemen Tätigkeit des Denkens hingeben.

Die Sonderausstellung 2023 wird in Partnerschaft mit dem «Haus zum Dolder», Beromünster, stattfinden, das eine grosse Ausstellung über die indigenen Menschen in Nordamerika realisiert. Die Ausstellung des Museum Nienetwil wird sich der Dekon-struktion des Indianderbegriffs bzw. den «Indianer»-Stereotypen und -Klischees widmen.

Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand»
Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand»
Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand». Nienetwiler Funde
Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand». Nienetwiler Funde
Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand». Nienetwiler Literatur
Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand». Nienetwiler Literatur

 

Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand». Nienetwiler Funde
Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand». Nienetwiler Funde
Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand». Nienetwiler Funde
Museum Nienetwil, Ausstellung «Der Archäologe der sich selber erfand». Nienetwiler Funde

Umbau Museum Nienetwil, 2021
Umbau Museum Nienetwil, 2021/22

 

Umbau Museum Nienetwil, 2022
Umbau Museum Nienetwil. Eliono9ra Amstutz malt blau
Museum Nienetwil. Der Geist der Neugierde erkundet das Museum