MOTIVATION
Der Mensch ist in seinem Handeln von Bildern, Wissen und Halbwissen, von Vorurteilen und Annahmen geleitet.
Es ist daher das Ziel dieser Ausstellung, die Erkenntnis zu nähren, dass jede Form der Pau- schalisierung eines Volkes, einer Bevölkerungsgruppe oder eines Individuums nicht nur diese in ihrem Sein schädigt, sondern auch – mit dem eigenen Versagen, sich zu öffnen und der Komplexität des Lebens und der Welt begegnen zu können – das eigene Vermögen zu sein vermindert.
Die Ausstellung will die Besuchenden in einen Diskurs über unseren Umgang mit dem stereotypen Begriff «Indianer» verwickeln und so die Themen Respekt vor anderen Kulturen und Reflexion der eigenen Vorurteile ganz grundsätzlich behandeln.
Schweizerinnen und Schweizer hatten – und haben noch immer – grossen Einfluss auf das Leben der indigenen Menschen von Chile bis Alaska. Aberhunderttausende Hektar Land, das einst von Néhinaw 1 genutzt wurde, wird nun von Wickis, Suters, Barmettlers oder Meyers bebaut und bewohnt. Die Schuld von Missionaren und anderen Kirchenleuten sowie Unternehmen mit Sitz in der Schweiz ist wissenschaftlich unbestritten, und der Schweizer Staat förderte seit jeher die Aussiedlung und wirtschaftlichen Tätigkeiten in Übersee.
Derweil spielt man hier noch immer «Cowboy und Indianer», hängt sich «Traumfänger» ins Auto oder Schlafzimmer, nimmt an Schwitzhüttenzeremonien von selbsternannten Schamanen teil, turnen und tanzen Frauen als «Indianerinnen» durch Turnhallen oder verkleidete sich der ehemalige Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät mit Federkopfschmuck, um – auf witzige Weise, wie er meinte – zu zeigen, dass er der Häuptling ist.
Foto: Turnerinnen des Turnvereins Neudorf als «Indianerinnen» verkleidet; 17. 11. 2022.
Kulturen sind ein Ausdruck des Seins von Menschen in Gesellschaften. Nimmt man Menschen ihre Kultur weg oder beschädigt sie – sei es durch gewaltsame Eingriffe oder durch Herabsetzung, wie dies eben bei der Kostümierung als «Indianer» geschieht –, ist dies ein gewaltsamer Akt, der ganzen Gesellschaften nachhaltigen Schaden zufügt. Es ist die Zerstörung von Identität.
Aus diesem Grund wurde das Mushkegowuk-Wort INNINOO als Titel für das Projekt gewählt. Es bedeutet «Mensch sein». Denn nicht mehr und nicht weniger fordern wir vom Menschen selbst.
Die Motivation für diese Ausstellung ist also, diese Welt besser zu machen.