Fundgeschichte
Anfang Oktober begann der Restaurator des Museum Nienetwil, Simon Meyer, mit der der Freilegung von Fundobjekt MUNI_04.01.008.002 einem weiss gestrichenen, 64.5 mal 24.5cm grossen und 2.6cm dicken Tannenholzbrett. Das Brett wurde zur Bearbeitung ausgewählt da sich schon als man das Brett demontierte, deutlich eine Struktur unter der Farbe abzeichnete die darauf schliessen liess, dass sich dort ein Bild befand.
Fundobjekt MUNI_04.01.008.002 wurde im Januar 2022 bei Bauarbeiten in einem Gebäude in der Gemeinde … (Die Adresse ist dem Museum bekannt, darf momentan nicht genannt werden) gefunden. Das Haus mit Baujahr 1794 wurde umfassend saniert, und dabei wurden im ersten Obergeschoss ein ehemaliges Schlafkämmerchen von den Wandpaneelen aus dem 18. Jahrhundert befreit, um die darunterliegenden Paneelen aus dem Baujahr 1597 freizulegen.
Neben dem eingebauten Schrank wurden sechs Bretter abmontiert die miteinander durch Nut und Kamm verbunden waren und nicht wie an den anderen Wänden hochkant, sondern waagerecht montiert wurden.
Da unter MUNI_04.01.008.002 ein schmales Brettchen zur Ablage von Kleinigkeiten montiert war, weist die Paneele auf der Unterseite keine Nut auf. Rechts am Bild sind oben und unten je ein alter handgeschmiedeter Nagel eingeschlagen. Links oben ist eine Reiszwecke eingedrückt worden. Mitten durch die sitzende Figur geht ein Loch durch welches um 1950 eine Stromleitung gezogen wurde (das Bild war damals bereits übermalt).
Freilegung/Farbfassungen
MUNI_04.01.008.002 weisst im Wesentlichen vier Fassungen auf. Der letzte Anstich erfolgte mit einer weissen Dispersionsfarbe von recht minderwertiger Qualität. Sie wurde nach Auskunft des heutigen Besitzers 1997 von den Vorbesitzern aufgetragen.
Darunter befindet sich ein oranger Farbauftrag aus den 1970er Jahren, welcher wiederum einen graugrünen Anstrich aus den 1950er Jahren überdeckt.
Erst darunter kam das zuletzt freigelegte Bild in frühen, Thymol-gelöster Akrylfarbe zum Vorschein.
Das Bild
Der Entstehungszeitraum kann mit Sicherheit in die Zeit zwischen 1943 und 1954 datiert werden. Einerseits sind die verwendeten Farben, es handelt sich um eine auf Thymol-Basis hergestellte Acrylfarbe, und andererseits gab es nach 1954 keine unbekannten Bewohnerinnen oder Bewohner die das Bild hätten gemalt haben können.
Momentan gehen wir von einer Person aus die von gewissen älteren Personen aus der Gemeinde die sich noch an ihn erinnern, „Specht“ genannt wurde. Es handelte sich dabei um einen jungen Mann von ca. 19 Jahren der bei der Familie (…) für zwei Jahre untergekommen ist und Hilfarbeiten verrichtet hat, jedoch, so sagt man, den Kindern und auch anderen im Dorf Sprachunterricht in Deutsch, Englisch und Französisch gab. Zudem soll er auch dem Dorflehrer bei manchen Dingen geholfen haben. Auf diese Weise hätte er auch an die Acrylfarbe kommen können, denn die Schwester des Dorflehrers (‚Schruube Röösi genannt) hatte ein Haushaltswarengeschäft. Nimmt man die Gerüchte ernst, war er ein aus Frankreich stammender Flüchtling der, zumindest am Anfang, für einen „Zigeuner“ gehalten wurde.
Sicher kann man nicht sagen, dass «Specht» eine besondere Begabung für das Malen gehabt hätte. Die farben sind wild und ohne ein Vorbild gamalt wie man es sonst vermuten könnte. Die Art und weise wie mit Spachtel und Pimsel gearbeitet wurde lässt eher auf jemanden schliessen der einfach diese Gschichte malen wollte, dem es aber an der Ausbildung mangelte, dies auch gut zu tun. Nichtsdestotrotz, wie oft bei Kinderzeichnungen, weisst das Bild eine erfrischende Lebendigkeit auf und zieht einen auf einfache Weise in die Geschichte hinein.
Bereits während der Reinigungsarbeiten kamen an Ästen und Stamm des Baumes in der Mitte Buchstaben zum Vorschein die grosse Ähnlichkeit mit Ch’apis-Schriftzeichen hatten. Leider konnte jedoch nicht mehr der ganze Text gelesen werden und so blieb der Text unbekannt. Aus diesem Grund wurde mit einem neuartigen Röntgen-Verfahren die Oberfläche untersucht und so die Reste der Farbe welche durch die Schrift hinterlassen wurden, sichtbar gemacht. Es handelt sich eindeutig um Ch’apis Schriftzeichen welche einen Text in Alaju wiedergeben.
Der Text und die Geschichte
Prof. Dr. Nomis Arbogast hat sich der Übersetzung des Textes angenommen
Die Geschichte nennt sich «smy adeltau» (smy trennte sich von sich selbst)
Eine erste Erwähnung kann auf das Jahr 174 vor unserer Zeitrechnung datiert werden und erscheint in den 1987 bei Ausgrabungen entdeckten und 2011 vollständig restaurierten und übersetzten Schriften von Matellus Nasus, einem Freigelassenen aus der römischen Provinzstatt Augusta Raurica
Es ist von grosser Bedeutung für die Forschung, dass nun wieder ein Bild mit Texten aus den Skandaj-Überlieferungen auftauchten.
Der Textabschnitt beschreibt den Moment an dem «Smy der Andere» auf einem blauen Wildschwein davonreitet und «Smy den Einen» bei der Buchin zurücklässt.
Andere Überlieferungen sind etwas detaillierter und beschreiben die Geschichte so: Zu einer unbestimmten Zeit sucht ein riesiger belebten Baum, genannt «die Buchin» einen Gemahl, damit sie frische junge Buchen zeugen kann.
Der aus vielen Skandaj-Überlieferungen bekannte Smy (Manchmal beschrieben als Abenteurer, manchmal als Held oder Zauberer) fand ihr einen Gatten. Damit die beiden zusammenkommen konnten, packte er mit der einen Hand einen Zipfel des Universums und mit der anderen einen anderen Zipfel und knüpfte die beiden Enden so eng zusammen, dass der Wald der Buchin und der Wald des Bucherichs für immer in der Geborgenheit des Nichtraums (Nichts) zusammen waren.
Da aber Smy die Zipfel gehalten hatte ergab es sich, dass er sich in zwei Smy spaltete, so dass nun ein Smy (der Eine) auf der Erde, bzw. in dieser Welt, und ein anderer Smy (der Andere) im Wald der Buchin lebte.
Smy der Eine war darüber schrecklich traurig, denn in der Welt in der er bleiben musste, hatte er keine Zauberkräfte und auch keinen Kontakt mehr zur Buchin und den anderen Wesen die in ihrem Wald lebten.
Symbolik des blauen Reiters, bzw. der blauen Wildsau.
In der Skandaj-Symbolik verweist «blau» (Alaju=haki, aus: ha=Himmel und kis=Farbe auf den Himmel und damit auf grenzenlose Freiheit da alles und nichts zugleich ist (ha]= Himmel setzt sich aus den Wortstämmen *h- = Alles/Nichts und *a- = Sein zusammen.)
Das Wildschwein (Kaban) wiederum, steht für eine ausgelassene Heiterkeit die keine Scheu oder gar Angst kennt. Es ist wild und ungezügelt, Piratenhaft nimmt es sich was es braucht. Es ist dabei nicht böse, denn als Tier kennt es das Konzept des Bösen oder des Unrechts nicht. Die blaue Wildsau steht daher für die ungezügelte, lebensbejahende Kraft auf der der Freie Smy reitet.
Der Blaue Reiter erscheint bereits 1506 in einem Wandgemälde von Giaccomo Bugia (1459-1532) in der Villa die Marco Spirenze in Venedig.
Alle Bilder und Texte zu diesem Objekt sind Teil des Kunst-Wissenschaft-Projekt NIENETWIL. Sie dienen wie alles auf dieser Homepage – oder allem anderen das mit Nienetwil zusammenhängt – einzig und alleine dazu, die Existenz der Utopie Nienetwil zu beweisen.
Bitte lesen Sie die entsprechenden Hinweise: LINK
Der Urheber der Texte, des Bildes und der Fotografien ist Simon Meyer